
Ein Herz für Mister & Miss Alexanderplatz
Misswahlen sind der Hades der modernen Gesellschaft. Letzten Samstag gab es mal wieder eine. Die Mister und Miss Alexanderplatz fand in den Rathauspassagen statt, die keiner kennt.
Das Spektakel fing um 15 Uhr an und der Laden war gerammelt voll. Das hätte Sean Spicer jedenfalls so gesagt.

Die Zeremonie versprühte den Charme eines in Kacke eingeweichten Zwiebacks und während die Siegerin und der Sieger ein Beauty-Paket von Paul Mitchell gewannen, verlor man als Zuschauer simultan Gehirnzellen.
Getreu nach dem Aufbau einer griechischen Tragödie war die Mist-Wahl in fünf Akte aufgeteilt:
1. Exposition
Im ersten Durchgang warfen die seelenlosen Mode-Zombies den Geschmack direkt von der Bühne, und sich stattdessen in Polyester. Moderatorin Jean Bork nannte die Kostüme des Karnevals-Kaufhauses Deiters „kultig“.

2. Erregendes Moment
Betonung auf Regen, denn es schüttete wie aus Kübeln. Dies hielt die eifrigen Sparkassen-Azubis nicht davon ab, sich für ein Foto vor dem Fernsehturm zu entblößen. Honnecker wäre erregt gewesen.

3. Höhepunkt
Put your hands up in the air! Zurück auf dem Laufsteg wurden die Hüften geschlockert, Club-Mode hieß das Motto der zweiten Runde. Kurze und glitzerige Kleider bei den Frauen, schwarze Anzugkombis bei den Herren. So belanglos, dass ich vergessen habe davon ein Foto zu machen. Deshalb hier eine Frau mit einer exorbitant großen Plastik-Blume im Ausschnitt. Ganz rechts sitzt übrigens Sporty Spice.

4. Retardierendes Moment
Im Volksmund auch „Pinkel-Pause“ genannt. Dass die Rathaus-Passagen dem Untergang geweiht sind, merkte man spätestens jetzt. Im gesamten Komplex gab es nicht einen einzigen Currywurst-Stand. Betreten löffelten die Familien der Kandidaten ihren Banana-Split, während ein C-Promi die Ruhe nutzte, um wehrlosen Vierzehnjährigen Autogramme aufzwingen.

5. Katastrophe
Nach einem geheimen Wahl-Verfahren, dass im Heizkeller per FaceTime-Schaltung von Vladimir Putin abgesegnet wurde, standen die Gewinner fest. Angelina, Elena und Denise gewannen bei den Damen, Patrick, Gérard und Jeffrey nahmen die männlichen Trophäen mit nach Spandau. Gefeiert wurde in geselliger Runde bei Waldmeister-Slushi und Bifi-Häppchen. Ich schwör, ey.

Fazit:
Es stellt sich die Frage, was so geil daran ist, Mister oder Miss Alexanderplatz zu sein. „Yeah, ich trage den Titel eines nach Pisse und Primark stinkenden Platzes voller Taschendiebe und Ossi-Bauten!“ Geltungssucht ist aber menschlich und die menschliche Dummheit grenzenlos, dass wusste schon Albert Einstein. Obwohl es ganz geil ist, eine Relativitätstheorie aufzustellen, kann man damit niemals Mister Alexanderplatz werden.
Gönnen wir den Boys und Girls vom Alex‘ ihren Spaß. Sie tun ja keinem weh. Die Anmeldungen für 2018 laufen schon. Wenn du kostenfrei einem deiner Lieben eine Freude machen möchtest, melde sie oder ihn doch einfach an! (Aber bitte nur heteronormative CIS-Menschen, auf alles andere kommen die Veranstalter nicht klar.)
(Bildquellen: https://www.facebook.com/MissgermanyCrewEast/)
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